Unterschrift Wolfgang Thierse

Rechte Gewalt: Zivilgesellschaft stärken und Prävention ausbauen

 
1. Juli 2011

Rechte Gewalt: Zivilgesellschaft stärken und Prävention ausbauen

Anlässlich der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2010, der einen Anstieg rechtsextremer Gewalt in den Neuen Ländern beschreibt, erklärt die stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe Strategien gegen Rechtsextremismus der SPD-Bundestagsfraktion Daniela Kolbe:

Wir brauchen eine Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft, anstatt deren Aktivitäten durch Misstrauensinstrumente wie der Extremismusklausel zu behindern. Die menschenrechtsorientierte politische Bildung muss zudem gefördert werden, sie leistet präventiven Verfassungsschutz. Bundesinnenminister Friedrich muss daher die angekündigten Kürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung zurücknehmen.

Gerade im Osten steigt die Gefahr für Leib und Leben durch Nazi-Gewalt. Die Zahl politisch rechts motivierter Gewalttaten ist 2010 in einigen ostdeutschen Bundesländern gestiegen, besonders stark aber in Sachsen. Der Verfassungsschutzbericht bestätigt, dass brutale rechte Gewalttaten wie die Brandanschläge in Berlin zu Wochenbeginn keine Einzelfälle sind, sondern nur die Spitze des Eisbergs.

Leider bietet der Verfassungsschutzbericht nur einen kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Ausmaßes rechter Gewalt. Im Verfassungsschutzbericht tauchen keine rechts motivierten Tötungsdelikte auf, auch nicht der Fall des jungen Leipzigers Kamal K., der im Herbst 2010 von Tätern aus dem rechten Spektrum erstochen wurde. Hinzu kommt die verschleierte Gewalt. Gerade in Regionen, in denen Nazis ihre Vorherrschaft etabliert haben, kommt es oft gar nicht mehr zu registrierten Gewalttaten, weil das Klima der Angst jeden Widerstand der Demokratinnen und Demokraten erstickt.

Die neuen Zahlen bestätigen die von Wissenschaftlern schon länger vertretene These, dass politisch motivierte Gewalt konkret vor dem Hintergrund ihrer Motivlagen und der Einstellungsmuster der Täter begriffen werden muss. Der abstrakte Extremismus-Ansatz der Bundesministerin Schröder geht an den tatsächlichen Problemen vorbei und muss aufgegeben werden.